Keine Zeit? Ich weiß, wer Schuld hat: Es sind die Anderen! (Wirklich!)

Zeitdieb

Heute habe ich eine gute Nachricht für Sie:

Es ist nicht Ihre Schuld!

Da geht es doch gleich schon ein bisschen besser, oder?

Im Ernst. Ich habe mich auf die Suche gemacht nach einer Erklärung, warum eigentlich so viele Menschen im Berufsleben über das gleiche Phänomen klagen: keine Zeit!

Keine Zeit, um in Ruhe über eine Sache nachzudenken, um einen Text zusammenhängend fertig zu schreiben, eine Strategie zu überlegen oder auch einfach mal die Ablage zu sortieren.

Und ich habe bei dem sehr klugen Systemtheoretiker Niklas Luhmann eine Antwort gefunden:

Das Ursprungsproblem ist der Terminkalender.

Sobald Sie etwas in Ihren Kalender eintragen, ist klar, wann dieses etwas erledigt werden und bis wann es fertig sein soll. Und wir alle wissen, wie schnell das geht, dass da ganz viele Dinge im Kalender stehen… Und schon fühlen Sie sich fremdbestimmt, nicht mehr Herr über Ihre Zeit. (Und manchmal, manchmal fühlen wir uns vielleicht auch ein bisschen cool, weil wir so gefragt sind. Seien Sie ehrlich!)

Das nächste Problem ist, dass all die Dinge, die da im Kalender stehen, in der Regel mit anderen Menschen zu tun haben. Es sind Zeiten, in denen wir mit Kollegen gemeinsam an etwas arbeiten, ein Meeting mit dem Chef oder mit wem auch immer abhalten. Oder es sind Deadlines für bestimmte Projekte, ob klein, ob groß.

Was aber so gut wie nie in unseren Kalendern steht, sind Termine mit uns selbst. Eine stille Stunde, ein Vormittag für die Strategie. Und sollten wir uns vielleicht doch mal einen Moment dafür freigehalten haben, kommt auch schon ein Kollege um die Ecke und… Genau!

Fakt ist: Über Zeit und zeitliches Fehlverhalten kann man nicht streiten. Ein nicht wahrgenommener Termin ist ein nicht wahrgenommener Termin, eine nicht eingehaltene Deadline ist eine nicht eingehaltene Deadline. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

Und so wird Termintreue plötzlich zum höchsten Gut. Ein anstrengendes Gut, das Sie unter Druck setzt und im permanenten Stress fühlen lässt. Und das das Alleinarbeiten in den Hintergrund drängt. Da diese Arbeiten aber auch getan werden müssen, steigt der Zeitdruck weiter.

Arbeitszeit ist nicht gleich Arbeitszeit.

Sie ahnen es schon – Arbeitszeit wird in Unternehmen sehr unterschiedlich bewertet. Alles, was für oder mit anderen gemacht wird, ist an Termine und Fristen gebunden. Und damit ist es gleich ein bisschen dringender. Und erscheint oft auch zunächst wichtiger. Zumindest wird Ihnen das von Ihren Kollegen suggeriert: „Was du für mich zu erledigen hast, ist wichtiger und dringender, als das, was du für dich zu erledigen hast.“ Und zack – hat der Kollege Sie beim Schlafittchen! Und so bekommt jeder Zeitdruck, der sozialen Druck vermeiden will.

Das Alleinarbeiten wird zur Nebensache. Für manche die schönste Nebensache der Welt… die leider immer wieder zu kurz kommt.

Holen Sie sich Ihre Zeit zurück.

Es geht also darum, der Zeit des Alleinarbeitens den gleichen Wert zurückzugeben, den sie verdient. Ich gebe zu, das ist nicht einfach. Herr Luhmann empfiehlt da Dinge wie festgelegte Zeiten der Alleinarbeit, die dann für alle Kollegen gleich gelten.

Das können Sie bei sich im Unternehmen nie so umsetzen? Gut, dann brauchen Sie ja jetzt eben die passende Antwort auf die Frage „Könntest du morgen Nachmittag…?“

Schauen, wir mal, was sich da im Fundus von Frau Schulz finden lässt: humorvolle Reaktionen auf Terminanfragen, die Sie absagen wollen, aber befürchten, dass das nicht so gut kommt (Diese Vorschläge beruhen darauf, dass mit etwas Ironie und einem Augenzwinkern es sowohl Ihnen leichter fällt, diese Aussage zu treffen als auch Ihrem Kollegen, diese zu akzeptieren):

  • „Ich weiß ja, ich bin bekannt dafür, nicht besonders flexibel und spontan zu sein. Deshalb ist mir das jetzt echt zu kurzfristig. Könnten wir was in 12 Wochen oder so finden?“ – Das geht natürlich nur, wenn Sie eben genau dafür NICHT bekannt sind.
  • „Ui, morgen, da muss ich wirklich mal in Ruhe über die neue Strategie nachdenken. Bei meiner geringen Denkleistung dauert das immer ein bisschen. Von daher wird das nichts mit unserem Meeting.“ – Kommt natürlich nur gut, wenn nicht alle Welt von Ihnen glaubt, dass Sie immer über alles sehr lange nachdenken. Obwohl. Vielleicht auch genau dann!
  • „Ich denke nicht, dass ausgerechnet ich für dieses Thema einen wertvollen Beitrag leisten kann. Ich empfehle dir da einen echten Fachmann – zum Beispiel dich!“ – Bleiben Sie auch hierbei charmant und freundlich.
  • Oder Sie sagen einfach gar nichts! Schauen Sie Ihr Gegenüber lange regungslos an, Sie können dabei freundlich bleiben. Und warten Sie mal ab, was passiert. – Hier hängt es von Ihrer gemeinsamen Vorgeschichte und von Ihrer Beziehung zueinander ab, wie empfehlenswert diese Vorgehensweise ist.
  • Oder Sie erfinden einfach Termine, die gar nicht stattfinden und schon haben Sie Ihre Ruhe! – Das ist natürlich nicht ganz ernst gemeint. Aber die reine Vorstellung macht Spaß!

Die beste Antwort ist wahrscheinlich die Wahrheit.

Du, morgen Nachmittag will ich wirklich mal in Ruhe über unsere neue Vertriebsstrategie nachdenken. Das ist mir einfach wichtig, denn davon hängt ja schließlich auch unser aller Zukunft ab.“ Vertreten Sie klar Ihren Wunsch nach Alleinarbeit und begründen Sie diesen. So verleihen Sie der Alleinarbeit die Dringlichkeit, die sie verdient. Und lächeln Sie dabei (nicht verwechseln mit hämisch grinsen), bewahren Sie Ihre Leichtigkeit, das steckt an und macht es für alle leichter.

Meine Erfahrung zeigt: Das funktioniert besser, als man anfangs glaubt! Denn ich bin überzeugt: Insgeheim ist jeder, dem das nicht so gelingt, ein bisschen neidisch auf Sie. Und wenn Sie es richtig gut machen, dann gewöhnen Ihre Mitarbeiter und Ihre Kollegen sich das womöglich auch an und schon haben alle gewonnen. Toll! Probieren Sie es gleich mal aus!

(Wofür Sie allerdings dummerweise selbst verantwortlich sind: Wie voll Sie sich Ihre Alleinarbeiten-Zeit packen… Und wenn da zu viele Dinge auf der Liste stehen, schauen Sie nochmal genauer hin: stecken da nicht vielleicht doch noch Abhängigkeiten zu Kollegen drin? Wie lassen sich diese eventuell lösen?)

Ich wünsche Ihnen also maximales Vergnügen mit Ihrer neu gewonnen Zeit und verbleibe

in heiterer Gelassenheit,

Ihre Frau Schulz

Regelmäßig Neuigkeiten
von Frau Schulz?

Sie wollen mir lieber erstmal heimlich folgen?

Abonnieren Sie meinen Newsletter und lassen sich inspirieren von wertvollen Tipps rund um gelassene Führung und hervorragende Zusammenarbeit!